Ausstellung
Beatrix Sunkovsky & Alfons Egger
Pavillon. Ausstellung einer Ausstellung
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Beatrix Sunkovsky (*1951 in Innsbruck, Tirol) und Alfons Egger (*1952 in Haiming, Tirol) verfolgen seit langem individuell ihren künstlerischen Weg. Daneben arbeiten sie immer wieder eng zusammen und entwickeln gemeinsame Aktionen und Projekte.
Das Spektrum ihrer künstlerischen Ausdrucksformen umfasst Inszenierungen für das Theater, Rauminstallationen, szenische Fotografie, Malerei, Zeichnung, Collage, Sprache und reicht bis hin zu konzeptuellen Arbeiten und Aktionskunst. Beide sind „Multi-Talente“. Durch ihren starken Bezug zum Theater und Bühnenbild standen sie immer wieder in Distanz zum „reinen“ Kunstbetrieb. Besonders Anfang der 1980er Jahre definierte sich dieser ja geradezu durch eine Abwertung von „Theatralizität“. Heute hingegen gelten Theater und Performance im Kunstbereich wieder als sehr gefragt.
Für Ihre Ausstellung in der Galerie der Stadt Schwaz haben Beatrix Sunkovsky und Alfons Egger den Geist ihrer kooperativen Projekte in eine komplexe Rauminstallation übersetzt. Der Titel des gegebenen „Stücks“ lautet: „Pavillon. Ausstellung einer Ausstellung“.
Die erste Szene des Stücks beginnt bereits im Vorraum der Galerie mit einem „Casting“, das der Besucher zu bestehen hat. Denn über dem Schriftzug CASTING blicken zwei unheimliche Glasaugen aus der weißen Ausstellungswand. Die Betrachterposition verkehrt sich damit. Die hygienischen Wände des White Cube casten ihre Zuschauer. Sind Sie ein guter Betrachter? Wer ist jetzt das Kunstwerk?
Im Hauptraum der Galerie steht dann ein Pavillon, bzw. eine Archivskulptur aus Stahlrohren. Das spartanische Stahlgestell gleicht einer Guckkastenbühne. Die Bühnenstruktur ist auf einer Seite offen und in einer ihrer Ecken dreht sich eine Wendeltreppe nach oben. Auf dem minimalistischen Stahlgestell hängen an Schnüren eine Vielzahl von A4-formatigen Dokumentationsfotos und Skizzen vergangener Arbeiten, die liebevoll auf Büttenpapier ausgedruckt wurden. Das handgeschöpfte Papier, das üblicherweise für hochwertige Druckgrafiken verwendet wird, steht im seltsamen Kontrast zu den digitalen Prints. Man kann den Bühnenraum des Pavillons betreten und in dem fliegenden Archiv wie in einer Garderobe blättern. Die Wendeltreppe hingegen ist ein Modell aus Pappkarton, das man nicht betreten kann. Als Raumintervention schraubt sie sich durch den Galerieraum und führt imaginär weiter hinauf zu anderen Räumen. Auch ein Blick aus der Meta-Ebene auf die gemeinsame künstlerische Arbeit ist damit angedeutet.
Diese künstlerische Arbeit bestand, besonders in den Jahren 1977-1987, aus einer eigenwillig experimentellen Form der Performance-Aktion. Es waren meist dadaistisch absurde Performances, die in Zusammenarbeit mit vielen anderen Künstlerinnen und Künstlern entstanden. Sie tragen Titel wie „Counter-City-Hotel“, „Rede wider die Traurigkeit“ oder „Der Hirnforscher“ und wurden an unterschiedlichen Orten aufgeführt, u. a. in der Galerie Krinzinger / Forum für aktuelle Kunst Innsbruck, in der Galerie Peter Pakesch Wien und im Petersbrunnhof Salzburg. Die Archivskulptur in der Galerie der Stadt Schwaz ist dazu eine Art „Miniretrospektive“.
Die Fotokredits und Titel zu den Dokumentationsfotos sind in drei Künstlerbüchern handschriftlich vermerkt. Ausgestellt sind sie am Büchertisch im Vorraum. Ebenfalls in einem Durchgangsraum findet sich eine überdimensional große Schwarz-Weiss-Fotoarbeit von Beatrix Sunkovsky. Sie füllt die Seitenwand des Galeriegangs. Zu sehen ist darauf eine junge Frau in historistischem Kostüm, das an die Jahrhundertwende erinnert, und eine übergroße Wendeltreppe, die mit der gebauten Wendeltreppe im Hauptraum korrespondiert.
Das Foto entstand in Auseinandersetzung mit dem in der Forschung kontroversiell diskutierten „Fall Dora“ von Sigmund Freud, den er 1905 in „Bruchstücke einer Hysterienanalyse“ veröffentlichte und in dem die Traumdeutung eine wesentliche Stellung einnimmt. Es ist aber auch ein Fall, in dem deutlich wird, das der Blick Freuds durch das vorherrschende patriachale Frauenbild geprägt ist und seine psychoanalytische Theorie mehr an sich selbst, als an der jungen Frau interessiert ist. Die inszenierte Fotografie gehört zu einer Serie, die Sunkovsky im öffentlichen Raum von Wien in den 1980er Jahren machte. Bisher nur im Archiv aufbewahrt, wird sie hier erstmals in einer Ausstellung gezeigt.
Das Gegenstück dazu, ein Leuchtkasten von Alfons Egger ist im Studio zu sehen. Es ist ebenfalls ein inszeniertes Foto, das in der Wiener Peripherie entstand. Man sieht darauf einen Mann, der sich in selbstmörderischer Absicht auf Bahngleise gelegt hat. Auch der Titel des Werkes, „Elysium“, deutet auf einen baldigen Abschied von den Wirren dieser Welt. Allerdings hat der Mann im Anzug statt eines Kopfes eine große weiße Kugel auf seinem Hals. Kein Gesicht, keine Haare, keinen Hut. Die surreale Mutation gleicht eher einem Mond. Auch die romantische Landschaft mit den von Gras überwachsenen Gleisen transformiert die Situation in einen poetischen Moment außerhalb der Zeit. In seinen bildphilosophischen Textarbeiten spricht Alfons Egger auch von „Bildgefängnissen“. In den Arbeiten geht es auch immer um ein ringen mit den künstlerischen Mitteln und ihrem möglichen Versagen. „Das Bild ist so wie Du vom Tod bedroht“.
In der Arbeit von Sunskovsky und Egger tauchen bestimmet Motive immer wieder auf. Sei es als Zeichnung, als Modell, als Installation oder Foto. Es ist als ob bestimmte Motive weitergeträumt werden, oder wie Archetypen in die eigene Mythologie eingegliedert werden. Bruchstückhaft, poetisch, atmosphärisch treten sie wieder auf und verschieben die möglichen Bedeutungen weiter.
Vielleicht sprechen sie deshalb hier auch von der Ausstellung einer Ausstellung?
Bewusst arbeiten sie mit einer Meta-Ebene, die eine Reflexion ermöglicht, aber in ihrem Fall nicht unbedingt zur Klarheit oder Erklärung führt, sondern sich auch immer wieder neu verrätselt und entzieht.
Text: Cosima Rainer
Ausstellungsansicht: Verena Nagl
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