Ausstellung
Mit Ernst Caramelle (*1952 in Hall i.T.) zeigt die Galerie der Stadt Schwaz einen Tiroler Künstler, der seit den 1970er Jahren international sehr erfolgreich tätig ist. Seine künstlerischen Konzepte erarbeitet er seit den späten 1970er-Jahren in unterschiedlichen medialen Formaten wie Malerei, Fotografie, Rauminstallation, Video, Text, Zeichnung oder Sonnenlicht. Besonders Caramelles spezielle Technik der Wandmalerei ist kunsthistorisch ein berühmtes Beispiel dafür, wie gut sich Konzeptkunst und Malerei gegenseitig ergänzen können. Seit 2012 ist Ernst Caramelle Rektor der Kunstakademie Karlsruhe. Er lebt und arbeitet abwechselnd zwischen Karlsruhe, Frankfurt und New York.
Caramelle zeigt in der Galerie der Stadt Schwaz zwei Serien von „Bildern“, die alle das gleiche Motiv einer Ausstellungssituation zeigen, im Duktus und in der Größe aber stark variieren. Die eine Serie ist auf variierenden Papierformaten ausgeführt, die andere direkt in-situ als Wandmalereien produziert.
Andererseits präsentiert er in Vitrinen eine Serie von noch nie gezeigten Vintage-Fotografien, die wiederum seine frühen konzeptuellen Videoarbeiten dokumentieren. Was beide Serien eint, ist ihr verwirrendes Spiel mit Bild- und Raumillusionen, die sowohl seine Videoarbeiten als auch seine Papier- und Wandmalereien eröffnen. Hier wie dort schachteln sich die Räume ins Unendliche, überlagern sich real und virtuell, vergrößern und verkleinern sich.
„Wenn wir die weiße Zelle nicht einfach loswerden können, dann sollten wir versuchen, sie zu verstehen.“ (Brian O’Doherty)
Laut Brian O’Dohertys wegweisendem Essay „Inside the White Cube“ von 1976 sollte sich jeder Künstler zunächst Klarheit über die grundlegenden Auswirkungen der „normalen Ausstellungssituation“ mit ihren weißen Galeriewänden und übrigen Konventionen auf seine Werke verschaffen. Ernst Caramelle entschied sich früh dafür, direkt mit diesen Wänden zu arbeiten. Mit seinen raumgreifenden Wandmalereien transformiert er den Raum in ein Bild aus Farbflächen, die buchstäblich ausgewaschen werden. Sichtbar wird dies allerdings erst im meist menschenleeren „Gallery shot“, den O’Doherty als eine Ikone des 20. Jahrhunderts bezeichnete. In Zeiten von Instagram und Contemporary Art Daily hat diese Beobachtung nicht an Aktualität verloren. Bei Ernst Caramelle schauen die Ausstellungsfotos ganz ähnlich wie seine kleinformatigen „Gesso Pieces“ aus. Das sind Papierarbeiten mit abgewaschener Wasserfarbe, die er als „Quasi Malerei“ bezeichnet.
Ernst Caramelles Farbkompositionen arbeiten gezielt mit den Wahrnehmungsverschiebungen, die sich zwischen dem Bild der Ausstellung und dem ausgestellten Bild ergeben.
Text: Cosima Rainer
Fotos: Verena Nagl
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