Ausstellung
Fürchten und Hoffen
Malene List Thomsen, Robert Müller, Beatrix Sunkovsky, Stefan Thater
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Fürchten und Hoffen sind wesentliche Motivationen menschlichen Handelns, die starke psychologische Triebkräfte entfalten. Erst jüngst zeigten die Enthüllungen über die Data-Firma Cambridge Analytica wie buchstäblich mathematisch sich potentielle Wähler durch die Adressierung dieser beiden Grundmotivationen manipulieren lassen. Millionenfacher Datenmissbrauch und der Einsatz von Ergebnissen aus der Sozialpsychologie haben ein „psychografisches Targeting“ ermöglicht, wie man es bisher noch nicht kannte. Rationale Erwägungen werden dabei zugunsten emotionaler Motivation verdrängt. Neben der politischen Arena hat dieses „gefühlvolle Verschalten“ bereits viele andere gesellschaftlichen Bereiche infiltriert.
Dabei sind Fürchten und Hoffen – ähnlich wie Wollen und Glauben – zunächst wertfrei. Sie können jedoch sehr einfach vektoriell instrumentalisiert werden. Dann agieren sie im Dienste reaktionärer oder radikal modernistischer Kräfte.
Mit Furcht und Hoffnung greift die Ausstellung zudem auch zwei in sich widersprüchliche Modelle auf. Einerseits lässt sich mit Ihnen eine potentielle oder kommende Zukunft auf affektive Weise einordnen und so ein Ort der Ohnmacht, in dem die eigene Objekt-Werdung zutage tritt, beschreiben, andererseits sind sie Kräfte, die zur Handlung zwingen oder durchaus alltägliche Produktion motivieren, und in der ein vorausschauendes "Ich" auch seine Imaginationen dahinrasen lassen kann.
An diesem Scheideweg, der beide Vektoren adressiert, setzt die Ausstellung in der Galerie der Stadt Schwaz an. Die in der Auswahl versammelten Arbeiten von Malene List Thomsen (1981, Brørup), Robert Müller (1979, Berlin) Beatrix Sunkovsky (1951, Innsbruck), Stefan Thater (1968, Hamburg), sprechen nicht buchstäblich von diesen Begriffen. Sie eint vor allem ein loser Begriff der "Serialität" und performativen Repetition.
Dies geschieht nicht nur explizit - wie bei Stefan Thaters Katalogübermalungen mit Telefonmotiven, wo Variationen von Formen oder Objekten in alternierende Verhältnisse gereiht, wiederholt oder reproduziert überführt werden - sondern auch implizit, indem die jeweilige künstlerische Praxis an wiederkehrenden Motiven, Ereignissen oder Handlungen ausgerichtet wird, sowie in progressiven Bewegungen, Entwicklungen in der Zeit und durch die Hinzugabe und Wegnahme von Möglichkeiten.
So erarbeitet etwa Beatrix Sunkovsky anhand einer Stop-Motion-Animation den Prozess der Bildfindung und Realisierung, sowie deren Umkehrung, und macht so den temporalen Aspekt der eigenen Bildproduktion als tatsächliche Aneinanderreihung von Bildern als Ereignisse spürbar.
Für Malene List Thomsen etwa werden die Bildfindungen im privaten Bezugsraum organisiert; biographische Insignien, wie die Verarbeitung von photographischen Vorlagen oder eigener Kleidung steht im Zusammenhang mit der Adressierung eigener Körperlichkeit und Identitätsverschiebung.
In Robert Müllers Arbeiten werden die Verweise auf die Adaption fremder Handschrift und die Übertragung einer performativen Geste in ein schematisches, wackliges Modell von Identität überführt. Dies führt zur seriellen Anverwandlung einer fremden Zeichenpraxis sowie zur Illustration alternativer, fiktiver Lebensläufe als eine Art graphischer Liebesbrief.
Text: Cosima Rainer und Robert Müller
Fotos: Verena Nagl
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