Ausstellung
Queerness is essentially about the rejection of a here and now and an insistence on potentiality or concrete possibility for another world.[1]
Schirme werden getragen und können Messages transportieren, sie schützen vor Sonne, Regen und manchmal auch vor Tränengas. Die funktionalen Accessoires mit textilem Bezug, temporäre Mini-Räume, die oftmals als geschenkte mobile Werbeflächen genutzt werden, sind historisch mit Genderzuschreibungen und queer-feministischen Bewegungen verbunden. In der Ausstellung sind bemalte Regenschirme zu sehen, die als Vehikel und Zeichenträger auf die Möglichkeit einer Aneignung von Alltagsgegenständen verweisen.
Der Ausstellungstitel „Then and There“ bezieht sich auf einen queer-theoretischen Ansatz, der sich mit einer Potentialität auseinandersetzt, die auf der Kritik am „here and now“ und dem damit verbundenen starren Status quo gegenwärtiger Ordnungen – einem es ist immer so gewesen und es wird immer so sein – basiert. In seinem Buch Cruising Utopia formuliert José Muñoz einen Gegenentwurf zum „here and now“, ein (kollektives) Heraustreten aus normativen gesellschaftlichen Festschreibungen von Zeit und deren Reproduktionslogiken, das an der konkreten Vorstellung einer queeren Zukunft festhält.
Im industriellen Kontext werden Schwerlastrundschlingen als Werkzeuge zum Tragen, Halten und Bewegen benutzt. Für die Skulpturen im Hauptraum der Galerie wurde das Innere, das aus Polyesterseilen besteht, offengelegt. Als abstrakte Figuren stehen beziehungsweise hängen die Soft Sculptures und ihre weichen beweglichen Faserstränge schimmernd in einer performativen Konstellation.
Die Projektion im Studiokabinett zeigt digitalisierte Fotografien, die in ihrer Unmittelbarkeit in Form eines tagebuchartigen Aufzeichnens entstanden sind. In fragmentarischen Ausschnitten ist eine Abfolge aus Aufnahmen von artifiziellen Landschaften, Personen, Tieren, Jahreszeiten und Details historischer Architekturen zu sehen. Die Versatzstücke thematisieren Fragen von Repräsentation und reflektieren ihre Umgebungen; mitunter geben sie den Blick auf Relikte aus alten Strukturen wieder und zeigen mit ihren Bezügen zu Vergangenheit die Möglichkeit ihrer Veränderung in transformativen Narrativen.
Sujet: © Kathrin Wojtowicz
[1] José Esteban Muñoz, Cruising Utopia. The Then and There of Queer Futurity, New York City: NYU Press 2019, S. 1.
Anhören