Ausstellung
Auf dem Feld vor dem Fenster liegt eine tote Ratte. Ihr dunkles Fell leuchtet im weißen Schnee. Ich stehe in der Küche und sortiere Kugelschreiber aus.
Dann ist der Zeitungsständer in der Ecke dran. Auf den Magazinen und Zeitschriften liegt eine dünne Staubschicht. Unter all den Seiten kommt ein Rätselblock zum Vorschein.
„Rätselblock in großer Schrift. Ratespaß auf einen Blick“.
Der Block ist aus dem Jahr 2012. Er wurde nicht vermisst oder gesucht. Auf zwei Seiten sind einige Begriffe eingetragen, der Rest ist leer.
Ich setze mich und blicke auf die vorgegebenen Felder in Schwarz und Weiß.
Nachdem ich das richtige Wort gefunden habe, falle ich in einen Zustand entzückter Begeisterung. Das Suchen und Finden überträgt die Sehnsucht vom „Noch-Offen-sein“ ins Ganze.
Merkwürdig, dass dieser Block genau jetzt auftaucht und als Lückenfüller für die belanglosen Zwischenzeiten funktioniert – zwischen Mittagessen und Nachmittagsspaziergang, zwischen Haare trocknen und Susanne anrufen, zwischen Eintreten und Drankommen im Wartezimmer, zwischen einem Glas Rotwein am Abend und dem Zubettgehen.
- Nadja Ayoub
Fotos © Stefan Korte (Titelbild), Verena Nagl
Anhören