Ausstellung
Mit der Gegenüberstellung von Arbeiten von Monika Baer und Jochen Klein geht es um queere Strategien im Umgang mit dem Körper. Malerei, Film und Performance spannen den Rahmen für eine Befragung des Zusammenhangs von Medialität und Ausdruck.
Monika Baer konstituiert den malerischen Raum über differenzierte Rhetoriken, indem sie Gestus, Bildkomposition und Narration so überblendet, dass sich daraus Brechungen und Verschiebungen ergeben und nicht versucht wird eine Vorstellung von Ganzheitlichkeit herzustellen. Entscheidend ist Monika Baers Sicht auf einen Körper, der in Projektionen des Begehrens verstrickt ist, die zwischen Fetisch und Maske osziliieren.
Jochen Klein (1967-1997) hat sich mit dem Medium Malerei auf selbstreflexive Weise auseinandergesetzt. In seinen Arbeiten werden künstlich wirkende Idyllen, deren Motive oft auf trivialästhetische Bildquellen zurückgreifen malerisch unterwandert, indem sie Imaginationen von Sehnsucht und Glück vorwegzunehmen scheinen.
Malerei wird gerne als individueller körperlicher Ausdruck aufgefasst, der wenig mit den ebenso zerbrechlichen wie gewalttätigen Vorstellungen des Körpers zu tun hat, wie sie uns in den medialen Darstellungen und Repräsentationen begegnen. Arbeiten von Monika Baer und Jochen Klein in einer Ausstellung zu zeigen ist ein Versuch, Körper und Malerei in einer Weise zusammen zu sehen, die über die subjektive Wahrnehmung hinausgeht, ohne das Individuum dabei zu verleugnen.
In seinem Buch ‚Die leibhaftige Malerei’ unterscheidet Georges Didi Huberman pan und plan, und beschreibt damit die unterschiedlichen Bedeutungsebenen der Fläche. Mit plan ist die Fläche, die Ebene, das Einige und Klare gemeint, während er mit pan das Stück Fläche, den Zipfel oder das Bruchstück bezeichnet.
Die Ausstellung ‚Pan und Plan’ in der Galerie der Stadt Schwaz setzt sich mit der Frage nach dem Verhältnis von Fläche und Flächenstück, von Bildeinheit und Fragment in der Malerei von Monika Baer und Jochen Klein auseinander, und versucht Malerei als Strategie für ein kritisches Sehen und Denken produktiv zu machen.
Jochen Klein, der 1997, dreißigjährig allzu früh gestorben ist, hat bereits während seines Studiums an der Akademie der bildenden Künste in München damit begonnen, Zusammenhänge zwischen körperlichen, sexuellen, sozialen, kulturellen, medialen und politischen Gegebenheiten und Bedingungen zu erarbeiten. In einer Studie über den englischen Garten, die er gemeinsam mit dem Künstlerfreund- und Kollegen Thomas Eggerer erstellt hatte, geht er der Geschichte mit ihren moralischen und ästhetischen Implikationen auf den Grund, und stellt der historischen Konzeption die Aneignungen des Englischen Gartens durch die Studentenbewegung der 60er Jahre und der daraus entstandenen Körperkulturen gegenüber.
Eine wesentliche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Cruising-Areal am Südende des Parks, einem wichtigen Treffpunkt für die schwule Szene, deren Bedeutung als Benutzungsebene Klein und Eggerer mit künstlerischen
Interventionen reflektierten. Parallel zu den konzeptuell angelegten Arbeiten malten sie. Sie malten trotzdem. Denn Malerei war zu dieser Zeit unter den jungen Künstler_innen kein Medium, dem große Anerkennung zuteil wurde. Vielmehr erschien es von Bedeutung sich gegen die großmächtigen Gesten von Malerfürsten und Marktstrategen in Stellung zu bringen.
Der Park, der Garten spielte auch in den Bildern von Jochen Klein eine wichtige Rolle. Aus der höfischen Anlage wurde im 18. Jahrhundert ein Volksgarten, der die bürgerliche Gesellschaftsordnung repräsentierte. Die kulturell ausdifferenzierte Formensprache dieser Gärten, ihre durch und durch ästhetisierte Anordnung von Gräsern und Blumen, Baumgruppen, Büschen und Sträuchern sind für Jochen Klein der Stoff aus dem die Träume sind. Er verquickt das Begehren nach Liebe und Lust mit der Opulenz und dem Reichtum des Gartens. Verschwenderisch und leidenschaftlich setzt er die Farbe auf die Leinwand – zurückhaltend dagegen die Körper, als müsste er sie schützen, sie bewahren vor dem allzu Sichtbarem. Der Begriff des Malerischen ist in Bezug auf Jochen Kleins Bilder mehrfach überschrieben – von den ersten piktorialistischen Fotografien des 19. Jahrhunderts, die die Konturen der nüchternen indexikalischen Fotografie auflösten, um den Effekt des Malerischen zu erlangen über die popkulturellen Aneignungen in den 60er und 70er Jahren, wo es wiederum die mit Weichzeichner gefertigten Fotografien und Billigdrucke waren, die Briefpapiere und Jugendzimmer schmückten. Jochen Kleins Arbeiten zollen diesen Sehnsuchtsbildern höchsten Respekt, weshalb einem das Wort Kitsch, das gerne für diese Bilderwelt in Anschlag gebracht wird, nicht so recht über die Lippen kommen möchte. Ist doch der kritische Sensualismus, mit dem der Pinsel geführt wird, davon geprägt, dem Körper Raum zu geben. Jochen Klein wechselt ganz gezielt seine Malweise, von naturalistischer Feinzeichnung zu expressiv malerischer Geste die die Materialität der Farbe selbst wirken lässt.
In Zusammenschau mit Arbeiten von Monika Baer gerät die Selbstreflexion der Malerei Jochen Kleins mit ihren schillernden Landschaftsbildern und prekären Körpern vorträgt in den Fokus.
Monika Baer bürstet die Malerei ebenfalls mit ihren eigenen Mitteln buchstäblich gegen den Strich. In ihren Arbeiten deklinieren dann Duktus, Farbauftrag, Naturalismus, Abstraktion und Expression ein malerisches Spektrum, das es zu dekodieren gilt.
Spinnen, Busen, Mauer/Loch, Vampire, Straßen und Geld sind Motive mit denen sich Baer in Werkgruppen beschäftigt. Die Künstlerin malt sich durch Fragestellungen hindurch, um über die jeweilige Bildproduktion zur nächsten Frage zu gelangen. Wesentlich erscheint, dass die Motive als Synonyme für die Malerei selbst gesehen werden. In den Busenbildern schließen gewölbte Formen auf hellblauem Grund an eine Naht an, die die Bildfläche in zwei Teile teilt. Die Naht steht für Jeans, für pralle Jeans, für das erotisch aufgeladene Symbol der Porno- und Populärkultur. Monika Baer setzt hier die Interaktion der Geschlechter in Szene, lässt Sperma und Milch in eins fallen, und - damit die klassische Rollenzuschreibung von Mann und Frau an ihre Grenzen stoßen. Darüber hinaus folgt sie mit der Darstellung von Körpern, von Körperteilen nicht einem aufzeichnenden und additiven Verfahren, sondern sucht die Körper in der Durchdringung von Form und Grund zu erfassen. Mit den Mauerbildern setzt Monika Baer Impulse für die Reflektion dessen, was Malerei zu leisten imstande ist, bzw. was von ihr erwartet wird. Wie in Balzac’s ‚Unbekanntem Meisterwerk’ wo Poussin in Frenhofers Leinwand eine ‚Mauer aus Malerei’’ sieht, ein Stück Fläche, das die Fähigkeit zur Metamorphose in sich trägt., vermag Monika Baer die taktilen Spannungen der Leinwand in Wechselwirkung mit dem kapazitiven Empfinden des Betrachters zu bringen.
Text: Eva Maria Stadler
Fotos: WEST.Fotostudio
Anhören