Ausstellung
Recycling Objects
Romana Scheffknecht, Fritz Grohs, Karel Dudesek; Leihexponate aus den Sammlungen: Jürgen Grothues, Münster; Übersee-Museum, Bremen; Gert Chesi; Vorträge von: Ursula Schöll, Jürgen Grothues
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Alltagsgegenstände aus bereits benutzten Materialien (wie Ölkanister, Gummireifen, Colaflaschen, Kleidung, usw.) hergestellt, wurden in der Ausstellung Recycling Objects gezeigt. In der Ausstellung fanden sich 151 Objekte - großteils Alltagsgegenstände (Spielzeug, Öllampe, Kanne, Koffer usw.). Diese stammten aus Kenia, Mali, Sri Lanka, Pakistan, Togo, Tansania, Marokko, Namibia, Äthiopien, Ägypten, Jordanien, Singapur, Sansibar, Burkina Faso, Indien, Eritrea, Nigeria und Sudan. Die Exponate waren Leihgaben des Übersee-Museums Bremen, der Sammlung Jürgen Grothues, der Sammlung Gert Chesi und Leihgaben Privater.
Mittlerweile sind derartige Gegenstände in vielen Geschäften käuflich erwerbbar, 1995 waren sie in Europa noch größtenteils unbekannt. Diese Ausstellung erhielt deshalb damals auch eine große Medienresonanz, und die Galerie konnte über 600 BesucherInnen verzeichnen.
Laut Jürgen Grothues ist Recycling "eine wichtige entwicklung im Bereich der materiellen Kultur der Dritten Welt, auf keinen Fall jedoch eine regionale oder ethnische Besonderheit"; es leben weltweit Millionen Menschen von Produkten des Recycling-Handwerks. Die Ausstellungsexponate wurden nicht als Kunstwerke oder ethnologische Belege verstanden, sondern sie erzählten als kulturelle Fragmente über Produktionsmittel, Materialzugriff und Alt-/Rohstoffe der Ersten Welt - einer Welt, die sich ihrerseits in den Objekten wiederspiegelte. Die Ausstellung versuchte die Vielfalt an Möglichkeiten der Wiederverwendung von 'Abfallprodukten' aufzuzeigen und den erweiterten Kreislauf der Rohstoffe durch Mehrfachtransformation sichtbar zu machen.
Am 26.05.1995 sprach Ursula Schöll über ihre Erfahrungen beim Aufbau und bei der Leitung von Feeding Centers im Sudan. Ursula Schöll ist seit 1985 in Krisenregionen Afrikas, Asiens und Osteuropas tätig. In deutlicher Distanz zu touristisch-exotistischen Perspektiven (man könnte Distanzierungsversuche solcherart als zentrales Motiv der Ausstellung Recycling Objects bezeichnen) veranschaulichte der Bericht die Möglichkeit einer problembewussten und konstruktiven Begegnung mit anderen Menschen und Kulturformen.
Am 02.06.1995 hielt Dr. Jürgen Grothues den Vortrag Recyclinghandwerk. Der freiberufliche Ethnologe mit Spezialgebiet Wirtschaftsethnologie und Kulturwandel schilderte Recycling in der Dritten Welt als eine Überlebens- und Lebensstrategie mit ganz und gar positiven Ansätzen für die Entwicklung neuer Handwerksberufe und zusätzlicher Erwerbsmöglichkeiten im Rahmen von Selbsthilfebestrebungen. Er wies nicht vor allem auf das Elend hin, sondern auf die praktizierte Überwindung der Schwierigkeiten, auf den Einfallsreichtum, mit dem dies bewerkstelligt wird, auf Phantasie und Eigeninitiative.
Die Ideengeberin der Ausstellung, die Videokünstlerin Romana Scheffknecht, war für die Ausstellungsarchitektur verantwortlich und außerdem selbst mit zwei Videoarbeiten vertreten, sehr zurückhaltend mit zwei kleinen Fernsehgeräten am Boden. Zum einen zeigte sie die Dokumentation einer Reise durch Sri Lanka (1993), die sie mit Künstler Fritz Grohs gemacht hatte, weiters einen filmischen Bericht über eine Reise in Indien (1987), unternommen gemeinsam mit dem Medienkünstler Karel Dudesek.
Text: Andrea Hörl
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